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Mengrai
wurde 1238 geboren und war der Sohn von König Lao Meng,
dem Herrscher eines kleinen Königreiches am Mekong, in der
Nähe des heutigen Chiang Saen. Seine Mutter gehörte
dem chinesischen Königshaus von Yünnan an. Zu
dieser Zeit bestand das Gebiet des heutigen Nordthailand aus einer
Unzahl kleiner und kleinster Müang und die meisten
von ihnen teilten nur ihre gegenseitige Abneigung und Feindschaft. |
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1261 folgte Mengrai seinem
Vater auf den Thron. Er erkannte schnell, dass nur ein starkes Reich
Schutz vor den ständigen Angriffen der anderen Mini-Reiche
und vor allem vor den Mongolen im Norden bot. Also begann Mengrai,
sein Reich auszudehnen, indem er wiederum die Müang
in seiner Umgebung angriff. Mengrai war ein genialer Feldherr
und begabter Diplomat, besass aber auch eine nötige Portion
Skrupellosigkeit und schreckte selbst vor Heimtücke nicht zurück,
um seine Ziele zu erreichen. 1262 gründete Mengrai
die Stadt Chiang Rai als "seine" neue Hauptstadt.
Er wusste jedoch, dass der Schlüssel zur Macht in Nordthailand
in der letzten verbliebenen Mon-Festung Haripunchai,
dem heutigen Lamphun,
lag. Seine Armee war jedoch nicht stark genug, um die Stadt einzunehmen.
Deshalb schickte er den Spion Ai Fa in die Stadt. Dieser
sollte dort das Vertrauen des Königs Yi Ba erschleichen
und heimlich dessen Autorität unterminieren. 1275
revoltierte Mengrais erster Sohn Khun Khrüang
gegen seinen Vater, worauf dieser ihn ohne viel Federlesens zu machen
in einen Hinterhalt locken und ermorden liess. Anschliessend liess
er ihn mit allen Ehren bestatten. Auch dies ein Beispiel des, nennen
wir es mal ambivalenten, Charakters des Königs. 1276
versuchte Mengrai das kleine Königreich Phayao
anzugreifen. Kurz vor der Schlacht kam es zu einer Be- |
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gegnung mit König Ngam Müang.
Beide Könige freundeten sich an und Mengrai brach
den Angriff ab. Kurz darauf schloss sich auch noch Ramkamhaeng
von Sukothai
dem Bündnis an.
1281 widmete Mengrai seine Aufmerksamkeit
wieder Haripunchai. Sein Spion Ai Fa hatte ganze
Arbeit geleistet und das Regime König Yi Bas bröckelte.
Die Bevölkerung befürwortete mehrheitlich einen Anschluss
an Mengrai. Mengrais Armee konnte die Stadt
ohne Mühe einnehmen. allerdings nicht , ohne sie vorher zu
plündern. Yi Ba gelang die Flucht. Mengrai
wurde dadurch zum mächtigsten Mann in der Region. Dank seines
Bündnisses mit Ramkamhaeng, liess Sukothai
ihn gewähren.
Mengrai nannte sein Reich Lan Na Thai, kurz
Lan Na, was soviel bedeutete, wie Land der Millionen Reisfelder.
( In Laos sieht man Lan Na, auch heute noch,
gern als laotisches Königreich an. Immerhin entstammte Mengrai
väterlicherseits einer laotischen Familie, wobei die Unterschiede
zwischen Thais und Laoten schon immer eher marginal waren. )
Als nächstes beschloss Mengrai eine neue Hauptstadt
für sein Reich zu errichten. Seine erste Wahl fiel auf die
alte Mon-Ansiedlung Wiang
Kum Kam, die strategisch günstig am Ping-Fluss
lag. Es stellte sich jedoch heraus, dass gerade diese Lage ungünstig
war, da der Ort regelmässig überflutet wurde. Um einen
neuen Ort festzulegen, liess sich Mengrai von seinen
Freunden Ramkamhaeng und Ngam Müang beraten.
Sie einigten sich auf die Stelle des heutigen Chiang
Mai. |
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Mengrai zog es jedoch vor, in "seiner"
Stadt Chiang Rai zu residieren. Hiermit beging er jedoch
einen Fehler, der die Geschichte Lan Nas prägen sollte
: Anstatt eine feste Machtzentrale zu installieren, schuf Mengrai
eine zweites Zenrum. Später residierte er noch eine Zeitlang
in Fang, was die Macht erneut verlagerte. Darüberhinaus
belohnte er verdiente Untertanen grosszügig mit Ländereien,
in denen diese zumeist weitgehend autonom regieren durften. Aus
diesem Grunde war auch Lan Na nur ein mehr oder weniger
loser Staatenbund in dem darüberhinaus auch noch ständig
Konflikte zwischen den einzelnen Teilen ausbrachen, die das Reich
schwächten und anfällig machten.
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Auch wenn seine Regierungszeit vornehmlich
von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt war, kümmerte
sich Mengrai jedoch auch um die kulturelle Entwicklung
seines Landes. Er machte den Theravada-Buddhismus zur Staatsreligion
und liess eine grosse Anzahl von Tempeln errichten, in die er Mönche
aus dem ganzen Land einlud. Trotzdem kam das Land nicht zur Ruhe.
1296 versuchte Yi Ba erneut seine alte Stadt Haripunchai
zurückzuerobern. Mengrai überliess die Verteidigung
seinem zweiten Sohn Khun Khram, der Yi Ba verteiben
konnte und dafür von seinem Vater fürstlich belohnt und
mit dem Ehrentitel Chai Songkhram - "siegreicher Feldherr"
- ausgezeichnet wurde. Seinen ältesten Sohn Khun
Khrüa, der als intrigant galt und darüberhinaus noch
die Frau seines Bruders verführt hatte, verbannte Mengrai
in das Gebiet der Shan, wo er auf eine Gelegenheit zur
Rückkehr lauerte. Diese ergab sich 1317, als
Mengrai starb. Der Legende nach wurde er mitten in Chiang
Mai vom Blitz getroffen. Ein Denkmal
in der Nähe der Stelle erinnert noch heute an den König,
dem posthum der Titel "der Grosse" verliehen wurde.
Nachfolger wurde Chai
Songkhram, der sich jedoch schon 4 Monate später
nach Chiang Rai zurückzog und seinem Sohn Saen
Phu den Thron von Chiang Mai überliess.
Auf diese Gelegenheit hatte Khruea
gewartet. Mit grossem Gefolge kehrte er nach Chiang Mai
zurück und entriss seinem Neffen den Thron, der daraufhin floh
und seinen Vater um Hilfe bat. Chai Songkhram hatte seinem
Bruder wohl auch die Sache mit seiner Frau noch nicht verziehen
und beauftragte einen weiteren Sohn, Nam Thuam, gegen Khrüa
zu ziehen und den Thron zurückzuerobern. Dies gelang. Khrüa
wurde unter Hausarrest gestellt, wo er vier Jahre später starb
und Nam Thuam wurde mit dem Thron Chiang Mais
belohnt. Er fiel jedoch später bei seinem Vater in Ungnade
und dieser beauftragte einen weiteren Sohn, Tao Ngua,
Nam Thuam zu stürzen. 1325 erhielt
daraufhin Saen Phu eine zweite Chance von seinem Vater
und bestieg erneut den Thron Chiang Mais. 1328
starb Chai Songkhram und Saen Phu zog nach Chiang
Rai, um dort die Nachfolge seines Vaters auf dem Thron anzutreten.
Für ihn regierte sein Sohn Kham
Fu in Chiang Mai. Auch dieser folgte
jedoch später seinem Vater auf den Thron und überliess
die Regierung Chiang Mais seinem Sohn Phayu.
Phayu war offensichtlich ein guter und toleranter König.
Vor allem war er es, der die Regierung Lan Nas entgültig
in Chiang Mai etablierte, indem er nach dessen Tod nicht
seinem Vater folgte, sondern in Chiang Mai blieb und stattdessen
seinen Sohn Ku Na auf den Thron von Chiang Rai setzte.
1351 gründete Ramathibodi
I. in Zentralthailand das Königreich Ayutthaya.
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Nach dem Tod Phayus folgte Ku
Na seinem Vater auf den Thron Chiang Mais.
Unter Ku Na brach eine Art "Goldenes Zeitalter"
für Lan Na an. Seine Regierungszeit verlief friedlich
und Ku Na machte vor allem als glühender Buddhist
und Tempelbauer von sich reden. Einige der wichtigsten Tempel Chiang
Mais fielen in seine Regierungszeit, darunter der
Wat Doi Suthep
und der Wat
Suan Dok. Unter Ku Na entwickelte sich
Chiang Mai zu einem Zentrum des Buddhismus. Der Wohlstand
der Stadt wuchs und die Bevölkerung nahm Anteil an diesem Wohlstand.
Nach Ku Nas Tod im Jahre 1385 sollte sein
Sohn Saen
Muang Ma den Thron übernehmen, doch die Geschichte
sollte sich wiederholen, als nämlich Ku Nas Bruder
Maha Phrom, der in Chiang Rai herrschte, |
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mit grossem Gefolge bei der Beisetzung seines Bruders
erschien. Schon recht bald wurde klar, dass Maha Phrom
nicht weniger als den Thron Chiang Mais wollte. Bei
Wiang Kum Kam konnte sein Heer jedoch besiegt werden, woraufhin
Maha Phrom nach Ayutthaya floh und um die Hilfe
Borommarachas I. bat. Dieser war
nur zu bereit, Maha Phrom zu unterstützen, da Lan Na
ohnehin auf seiner Wunschliste stand und stattete Maha Phrom
mit einer Armee aus. Auch dieser Angriff scheiterte jedoch. Im Gegenzug
griff daraufhin Saen Muang Ma Sukothai an, das
seit 1378 nur noch ein Dasein als Vasall Ayutthayas
fristete. Dieser Angriff wurde jedoch ebenfalls abgewehrt. Saen
Muang Ma konnte mit Mühe fliehen und die Armeen Ayutthayas
drangen tief auf das Gebiet Lan Nas vor und deportierten
Teile der Bevölkerung. In der Folge unternahm Saen Muang
Ma kenerlei weitere kriegerische Abenteuer und widmete sich
vornehmlich religiösen Zielen. Sein Nachfolger wurde sein Sohn
Sam
Fang Kaen. Diesem gelang es, einen Angriff der
südchinesischen Ho abzuwehren, bis er 1442
von seinem eigenen Sohn Tilok
gestürzt und ins Exil geschickt wurde. Die Folge war ein kurzer
Bürgerkrieg, in dem sich Tilok erfolgreich einiger
seiner Verwandten erwehren musste. Trotz seiner fragwürdigen
Machtergreifung erwies sich Tilok jedoch in der Folge als
ein würdiger Nachfolger seines Ahnen Mengrai. |
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Unter Tilok wurde der Machtbereich Lan Nas
erweitert und gestärkt. Auch der Buddhismus erlebte unter ihm
eine neue Blüte. 1477 fand in Chiang
Mai das 8. buddhistische Konzil statt, bei dem die damaligen
führenden Köpfe und Gelehrten der buddhistischen Welt
über die heiligen Schriften debattierten und sie auf Konsistenz
überprüften.
Auf der anderen Seite erschien Tilok jedoch auch den Herrschern
in Ayutthaya zusehends als Bedrohung und es kam zu ernsten
Spannung zwischen beiden Reichen, die in verschiedenen Angriffen
beiderseits gipfelten, jedoch schnell in einer Pattsituation endeten.
Desweiteren musste sich Tilok noch eines Angriffes der
Vietnamesen erwehren. die jedoch vertrieben wer- |
den konnten. Tilok folgte sein Enkel Yot
Chiang Rai auf den Thron, der sich jedoch schnell
als unfähig präsentierte und kurzerhand von seinen Ministern
abgesetzt wurde. Unter seinem Sohn Kaeo
kam es erneut zu Scharmützeln mit Ayutthaya, ohne
dass sich an der Pattsituation etwas änderte. Nach Kaeo
kam es in Lan Na zu schweren inneren Konflikten um die Nachfolge,
die in einem Bürgerkrieg zwischen verschiedenen Parteien gipfelten,
in den sich schliesslich auch Ayutthaya einmischte. Als
die Truppen Ayutthayas schon vor den Toren Chiang Mais
standen, bestimmte die dominierende Partei schliesslich Prinzessin
Chiraprapha
zur Interimsregentin der Stadt. Diese machte den Truppen Ayutthayas
Geschenke, woraufhin diese abzogen. In Ayutthaya war in
der Zwischenzeit nämlich ebenfalls eine Phase der Instabilität
eingetreten und Mord und Intrigen waren übliche Mittel bei
der Entscheidung der Thronnachfolge geworden. Ausserdem war Ayutthaya
inzwischen in eine Art Dauerfehde mit den Burmesen verwickelt.
In Lan Na bot man Setthathirat,
dem Herrscher von Lan Xang den Thron an. Als jedoch in
Luang Prabang Unruhen ausbrachen, verliess dieser Chiang
Mai und kehrte nach Lan Xang zurück. Lan
Na war erneut führungslos und der Bürgerkrieg breitete
sich aus.
In Burma hatte in der Zwischenzeit Burengnoreng die Macht
übernommen und das Land geeint. Dieser startete unverzüglich
einen Angriff auf Chiang Mai und es gelang ihm 1557
die geschwächte Stadt beinahe ohne Gegenwehr einzunehmen. Obwohl
Burengnoreng den regierenden Herrscher Maekut
vorerst auf dem Thron liess, begann hiermit ein neues Kapitel für
Lan Na. Als Maekut sich kurz darauf gegen die Burmesen
erhob, wurde er kurzerhand nach Burma verschleppt und Burengnoreng
setzte seine Frau Wisutthithewi
auf den Thron Chiang Mais. Chiang Mai war nun
vollständig unter burmesischer Kontrolle und Lan Na
nur noch ein Vasallenstaat, den die Burmesen in der Folge als Basis
für ihre ständigen Angriffe auf Ayutthaya nutzten.
1568 gelang es ihnen schliesslich auch Ayutthaya
zu erobern und zu einem Vasallen zu machen. Nun war für kurze
Zeit fast das gesamte Gebiet des heutigen Thailand unter burmesischer
Kontrolle. 1581 starb jedoch Burengnoreng
und nach seinem Tod stürzte auch das burmesische Reich in eine
tiefe innenpolitische Krise. Dies nutzte Ayutthayas Prinz
Naresuan
aus, um das Reich seines Vaters von den Burmesen zu befreien, was
ihm 1584 auch gelang. 1586
eroberte Naresuan schliesslich auch Chiang Mai,
beliess den burmesischen Herrscher Tharrawady
jedoch auf dem Thron. |
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1605 bestieg in Burma mit Anaukpetlun
wieder ein fähiger König den Thron, der das Reich schnell
wieder einte. 1613 griff Anaukpetlun schliesslich
Chiang Mai und vertrieb die Nachfahren Tharrawadys
aus der Stadt. In der Folge wurde Lan Na aufgespalten.
1628 verlegten die Burmesen die Regierung sogar
von Chiang Mai nach Chiang Saen, da dieses für
sie günstiger gelegen war. Chiang Mai hatte danach
nur noch den Status einer unbedeutenden Provinzstadt. und verwaiste
zusehends. Lan Na selber wurde nun von burmesischen Gouverneuren
regiert. Erst fast 100 Jahre später kam es unter Theppasing
zu einer Rebellion gegen die Burmesen, in deren Folge Chiang
Mai für kurze Zeit seine Unabhängigkeit zurückerhalten
sollte. 1762 eroberte jedoch der burmesische
General Abhayagamani
die Stadt und verschlepte grosse Teile der Bevölkerung.
1767 gelang es den Burmesen schliesslich,
Ayutthaya einzunehmen und die Stadt wurde völlig zerstört.
Nur wenigen Überlebenden gelang die Flucht, darunter der General
Taksin,
der nun mit einer kleinen Truppe einen Gurerillakrieg gegen die
Burmesen startete und den Burmesen immer weitere Teile des ehemaligen
Reiches abnehmen konnte. Der Erfolg Taksins beflügelte
auch Unabhängigkeitsbestrebungen in Lan Na und es kam
zu ersten Aufständen. |
Schliesslich bat der General Chao Kawila,
der mit seinen Brüdern in Lampang regierte, Taksin,
der nun als König in Bangkok
regierte, um Unterstützung. Dieser liess sich nicht lange bitten,
machte aber zur Bedingung, dass Lan Na nach der Befreiung
tributpflichtig gegenüber Siam sein müsse. Kawila
stimmte zu und im Februar 1775 gelang dem gemeinsamen
Heer schliesslich die Vertreibung der Burmesen aus Chiang Mai.
Kawila kehrte nach Lampang zurück
und General Ca
Ban Bunma wurde Herrscher in Chiang Mai,
allerdings von Siams Gnaden. Durch den Krieg war die Stadt
jedoch stark zerstört und fast vollständig verlassen.
Ausserdem versuchten die Burmesen noch mehrfach die Stadt zu zurückzuerobern,
wurden jedoch immer wieder vertrieben. 1778
schickte Taksin seine beiden Generäle Chao Phraya
Chakri und Chao Phraya Surasi auf einen Feldzug nach
Laos. Als sie zurückkehrten, entsandten sie eine Kontrollkommission
nach Chiang Mai und Lampang, die dort jedoch plünderte
und Aufruhr anzettelte. Kawila liess daraufhin Mitglieder
dieser Kommision vehaften und hinrichten. Die Folge war, dass er
nun zusammen mit Ca Ban Bunma verhaftet und zum Tode verurteilt
wurde. Kawila bereute öffentlich und bot als Zeichen
dieser Reue an, einen Feldzug gegen Chiang Saen zu führen.
Daraufhin wurde er begnadigt. Ca Ban Bunma starb jedoch
in der Haft. 1782 wurde Taksin in
Bangkok gestürzt und hingerichtet. Sein Nachfolger wurde
der ehemalige General Chao Phraya Chakri, der als Rama
I. den Thron bestieg. Bei seinem Antrittsbesuch
in Bangkok wurde Kawila
daraufhin zum neuen König von Chiang Mai ernannt.
Eine schwere Aufgabe, denn die Stadt war immer noch nahezu unbewohnt
und grösstenteils zerstört. Kawila entsandte
Männer aus Lampang, um Chiang Mai wieder
aufzubauen. Anschliessend machte sich Kawila unter dem
Motto : "Das Gemüse in den Korb, die Menschen in die Stadt!"
daran, Chiang Mai wieder zu bevölkern. Aus den befreiten
Gebieten Lan Nas wurden hierzu Menschen einfach umgesiedelt,
wenn es sein musste, auch mit Gewalt. So kam es, dass Chiang
Mai von Menschen unterschiedlicher Herkunft und auch verschiedener
Kulturen bewohnt wurde und immer noch wird. Anfangs lebten sie noch
getrennt, später vermischten sie sich jedoch und bildeten die
"Khon Muang", die Menschen der Stadt, wie sie sich auch
heute noch in Abgrenzung z.B. von den "Khon Thai", den
Menschen des Südens, nennen. Kawila machte aus
Chiang Mai wieder das Zentrum der Administration und die
Stadt begann sich von den Verheerungen des Krieges zu erholen. Die
Herrscher in Bangkok sahen in Lan Na in erster
Linie einen Pufferstaat gegen die Burmesen und forderten 1804
von Kawila die Zerstörung Chiang Saens, um
den Burmesen dort nicht ein weiteres Sprungbrett für ihre Vorstösse
zu bieten. Ansonsten liessen sie Lan Na jedoch weitgehend
autonom und setzten auf freundschaftliche Beziehungen, ohne allerdings
nicht auf die jährlichen Tributzahlungen verzichten zu wollen.
Nach Kawilas Tod 1815 folgte ihm sein
Bruder Thammalangka
auf den Thron. Auch hier hatte natürlich der Herrscher in Bangkok
das letzte Wort. Nach Thammalangka folgte mit Kham
Fan ein weiterer Bruder Kawilas auf den
Thron, der zusammen mit Kawila schon in Lampang
regiert hatte. Musste sich Kham Fan noch in erster Linie
mit den Burmesen auseinandersetzen, war die Regierungszeit seines
Cousins und Nachfolgers Putthawong
(1825 - 1846) jedoch zum ersten Mal seit sehr langer Zeit von Frieden
geprägt. Die Burmesen waren in einen Konflikt mit den Engländern
geraten und hatten keine Ressourcen mehr, um sich auf Abenteuer
in Lan Na oder Siam einzulassen. Putthawong
nutzte die Zeit, um sich auf die Konsolidierung und vorsichtige
Reformierung seines Reiches zu konzentrieren. Auch er bekam jedoch
spürbar den Druck der Grossmächte England im Westen und
Frankreich im Osten zu spüren. Nach Putthawong folgte
Chao
Mahotara Prathet auf den Thron Lan Nas.
Dieser zentralisierte die Administration weiter. 1851
bestieg in Bangkok mit Rama
IV. ein ausgesprochen aufgeschlossener und fortschrittlicher
König den Thron. Dieser sah in Lan Na weniger einen
Vasallen, als eine befreundete Nation mit gemeinsamen Interessen,
aber natürlich auch einen Puffer gegen die europäischen
Grossmächte, die auch Siam zusehends unter Druck setzten.
Während dieser Zeit begann die Teakindustrie in Lan Na
zu boomen. Eine Menge Menschen kam in die Stadt, um dort zu arbeiten,
darunter auch viele Burmesen und Shan. In der Stadt machte
sich eine Art Goldgräberstimmung breit. Chao Mahotara Prathets
Nachfolger Chao
Kawilorot Suriyawong war ein glühender Buddhist,
regierte die Stadt aber auch mit harter Hand, um die Ordnung aufrecht
zu erhalten. In der Bevölkerung wuchs der Unmut über die
Engländer, die praktisch das Teakgeschäft kontrollierten.
Vereinzelt kam es zu Übergriffen und die britische Regierung
protestierte offiziell in Bangkok. Hier hatte 1868
Rama V.
den Thron von seinem Vater übernommen und das Verhältnis
zu Lan Na sollte sich in der Folge ändern. Rama
V. war ein visionärer König und hatte schon in seiner
Jugend erkannt, dass Siam nur überleben konnte, wenn
es sich als Pufferstaat zwischen England und Frankreich etablierte.
Um jedoch von den Grossmächten überhaupt ernst genommen
zu werden, war eine rasche Modernisiserung des Landes nötig.
Rama V. krempelte das gesamte Staatswesen Siams
komplett um. Er sorgte für eine politische, kulturelle und
wirtschaftliche Erneuerung des Landes, die ihresgleichen suchte.
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Dasselbe verlangte er jedoch auch von Lan Na,
insbesondere als sich die Proteste wegen der Übergriffe auf
britische Staatsbürger häuften. Rama V. wusste
natürlich, dass auch dem Untergang Burmas, solche, zunächst
recht harmlos erscheinenden Ereignisse vorausgegangen waren und
dass die Europäer eigentlich nur auf Vorwände lauerten,
um auch Siam zu kolonialisieren. Da ihm die Reformen in
Lan Na jedoch zu langsam vorangingen, berief er sich auf
den Vasallenstatus des Landes und entmachtete die dortige Regierung
unter dem schwachen König Chao
Inthawitchayanon, indem er eine Kommission nach
Chiang Mai entsandte, die dort de facto die Regierung übernahm.
Zuvor hatte er die Tochter Königs, Chao Dara Rasami,
zu seiner Frau und die |
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Politik Lan Nas so praktisch auch zu einer
Familiensache gemacht. Chao Dara Rasami spielte in der
Folge eine bedeutende Rolle als Bindeglied zwischen Siam
und Lan Na und machte sich vor allem bei dem kulturellen
Aufbau Lan Nas einen Namen. 1896 starb
Chao Inthawitchayanon und sollte der letzte souveräne
Herrscher Lan Nas bleiben. Nun übernahm die Regierung
in Bangkok die Kontrolle in Lan Na. Für die
Regierungsgeschäfte war nun ein Bangkoker Kommissar
zuständig. 1901 wurde zwar Inthawarorot
Suriyawong zum Nachfolger seines Vaters erklärt,
er bekam jedoch keinen Königstitel mehr, sondern war nur noch
formell ein, von Bangkok bezahltes, Staatsoberhaupt. In
der Bevölkerung wuchs jedoch der Unmut, vor allem gegen die
hohen Steuern und den eingerichteten Arbeitsdienst, bei dem die
Bürger z.B. zum Bau von Strassen verpflichtet werden konnten.
1902 kam es schliesslich zu Protesten in Chiang
Mai und zu einem Aufstand der Shan, bei dem zwanzig
Regierungsbeamte von einem Mob enthauptet wurden. Die Antwort Bangkoks
war nicht weniger drastisch. Rama V. entsandte Truppen,
die die Schuldigen bestrafen sollten, aber auch viele Unschuldige
töteten. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass es gerade
die umsichtige Politik Ramas V. war, die sowohl Siam,
als auch Lan Na davor bewahrte, jemals kolonialisiert zu
werden. Letztlich profitierte Lan Na gerade von den Modernisierungsmassnahmen
und der verbesserten Infrastruktur. 1909 trat
Chao
Khaeo Nawarat die Nachfolge seines Bruders an.
1921 wurde die Eisenbahnverbindung Chiang Mais
mit Bangkok fertiggestellt. 1932 kam
es in Bangkok zu einem unblutigen Staatsstreich und Siam
wurde zu einer konstitutionellen Monarchie. 1933
wurden Chiang Mai, Chiang Rai und Phayao
zu regulären Provinzen Siams. 1939
starb Chao Khaeo Nawarat und es wurde kein weiterer Nachfolger
bestimmt. Lan Na war nun ein fester Bestandteil Siams,
dass schliesslich 1939 in "Thailand"
umbenannt wurde. Diese Aktion wurde gerade in Lan Na von
vielen begrüsst, konnten sie sich doch nun nicht mehr nur als
Vasallen, sondern als regulärer Teil eines neuen Staates fühlen.
Auch wenn Lan Na letztendlich recht sang- und klanglos von
Siam, dass als Vorläufer des heutigen Staates Thailand
angesehen wird, geschluckt wurde, darf man doch nicht den immensen
Beitrag Lan Nas zur Geschichte und Kultur des Landes übersehen.
Vieles, was man heute als originär "Thai" ansieht,
hat seinen Ursprung in Lan Na und die Bewohner des Nordens
verweisen auch heute noch voller Stolz auf ihre eigenständige
Geschichte und Kultur, auch wenn sie sich als Thais fühlen.
Die Regierung in Bangkok und vor allem das Königshaus
hat es immer wieder verstanden, trotz aller Integration auch gerade
diese Eigenständigkeit zu betonen. |
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