Der Wat Bowonniwet befindet sich in der Nähe der Khaosan Road, am nördlichen Rand von Rattanakosin. Obwohl er einer der bedeutendsten Tempel Bangkoks ist, bleibt er weitgehend von Touristenströmen unberührt.
 
Die Bedeutung des Tempels gründet auch weniger in seiner Architektur oder seinen Kunstschätzen, als vielmehr in der Tatsache, dass der äusserst beliebte König Mongkut (Rama IV.) vor seiner Regierungszeit der Abt dieses Tempels war. In der Folge absolvierten viele Prinzen dort ihre Mönchszeit, darunter auch der jetzige König Bumiphol (Rama IX.).
Rama IV. gründete hier auch den Dhammayutika-Orden, der eine strengere Auslegung des Theravada-Buddhismus lebt und dessen Mitglieder an den dunkleren Roben zu erkennen sind. Der König hatte ein grosses Interesse an den Naturwissenschaften und war selbst ein begnadeter Astronom. Auf religiösem Gebiet lag ihm viel an einer Entmystifizierung des Buddhismus und an einer Rückbesinnung auf die reine buddhistische Lehre, das Dharma.
Dieses Anliegen spiegelt sich vor allem in den Wand-malereien des Tempels wieder. Hier wurde weniger Wert auf die Darstellung mythischer Legenden um die Person des Buddha gelegt, sondern
primär werden Alltagsszenen aus dem Leben des Volkes, der Mönche und der königlichen Familie gezeigt.
Gegründet wurde der Tempel 1826 unter dem Bruder und Vorgänger Mongkuts, Rama III.. Mongkut hatte zugunsten seines Bruders auf die Thronfolge verzichtet, um Mönch zu werden.
Ursprünglich war das Gelände des Wat Bowonniwet geteilt und beide Teile waren durch den auch heute noch vorhandenen Kanal getrennt, in dem neben Fischen auch Schildkröten leben.
Der westliche Teil gehörte zum Wat Mai und der östliche zum Wat Rangse Suddhawas. Als der Abt des Wat Mai gestorben war, fragte der König seinen Bruder, ob dieser nicht den Posten des neuen Abtes übernehmen könne. Mongkut nahm an und wurde für 14 Jahre der Abt des Wat Mai. Als Rama III. jedoch
starb, legte Mongkut die Mönchsgewänder ab und bestieg letztlich als Rama IV. doch noch den Thron. Unter Rama VI. wurden schliesslich beide Tempel zum Wat Bowonniwet zusammengelegt.
Wie schon erwähnt, absolvierten fast alle Prinzen und späteren Könige nach Rama IV. ihre Mönchszeit im Wat Bowonniwet. Auch heute noch wird der Tempel zu feierlichen Anlässen regelmässig von der Königsfamilie und hohen Regierungsmitgliedern besucht, was zu grossflächigen Strassensperrungen im Bereich des Wat führt.
Auch wenn der Wat Bowonniwet von den meisten Touristen unbeachtet bleibt, hat er dennoch einige Be- sonderheiten zu bieten. Der ungewöhnliche T-förmige Bot beherbergt die ebenfalls ungewöhnliche Konstel- lation zweier Buddhastatuen hintereinander. Beide zeigen Buddha in der Haltung der Erdanrufung.
Die kleinere und auch schönere der beiden Statuen trägt den Namen Phra Buddha Chinasi. Sie entstand im 14. Jahrhundert in Sukothai und ist ein formvollendetes Beispiel für den gleichnamigen Kunststil. König Li Thai hatte die Schaffung mehrerer grösserer Buddhastatuen angeordnet. Zu diesen Statuen zählt übrigens auch der Phra Buddha Chinarat im Wat Phra Sri Rattana Mahathat in Phitsanulok,
von dem man wiederum eine Kopie im Wat Benchamabophit in Bangkok bewundern kann. Der Phra Buddha Chinasi stand ursprünglich auch im selben Tempel in Phitsanulok. Prinz Boworn holte die Statue, die vom Verfall bedroht war schliesslich nach Bangkok und Mongkut liess sie an ihrem jetzigen Platz aufstellen.

Die hintere und grössere Statue trägt den Namen Phra Suwanakhet oder Luang Por Tho ("grosser Abt"). Über ihre Herkunft ist wenig bekannt. Ursprünglich befand sie sich im Wat Sradaphan in der Provinz Petchaburi. Auch hier war es Prinz Boworn, der die Statue nach Bangkok bringen liess, wozu sie erst auseinandergenommen werden musste.
Wunderschön sind auch die Wandmalereien im Inneren des Bot. Auch hier wieder eine Besonderheit, nämlich die Einführung der westlichen Perspektive und die düstere Wahl der Farben.
Eine weitere Besonderheit des Bot sind die Grenzsteine ("Bai Sema"), die nicht separat stehen, sondern in die Wände des Gebäudes eingearbeitet sind.

Um den Bot herum finden sich eine Anzahl von grossen und kleineren Schreinen. Diese enthalten wunderschöne Buddhastatuen in verschiedenen Stilen, von denen besonders ein stehender Buddha im Dva-
ravati-Stil auffällt. Beide Hände zeigen das vitarka mudra. Diese Geste wird als "Rückkehr aus dem Tavatimsa-Himmel" bezeichnet und war gerade während der Dvaravati-Periode sehr beliebt.
Unmittlebar vor dem Bot fallen zwei rote Gebäude auf. Diese nennt man Sala Daeng und sie befanden sich früher ausserhalb der Mauern. Sie dienten während königlicher Bestattungszeremonien, die vor dem Wat Bowonniwet stattfanden, als Ruheräume für die Mitglieder der königlichen Familie. Unter Rama V. wurden sie auf das Tempelgelände umgezogen.
Stehender Buddha im Dvaravati-Stil.
Sala Daeng
Am westlichen Eingang des Tempels befindet sich ein Fussabdruck Buddhas, welcher ursprünglich aus der Chainat-Provinz stammt und im Jahre 1909 an diese Stelle gebracht wurde.
Etwas weiter stösst man auf ein Gebäude, dass eine Reihe von Buddhastatuen enthält und einen grossen Bodhi-Baum umschliesst. Ursprünglich befand sich hier ein Baum, den König Mongkut aus einem Ableger des Erleuchtungsbaumes in Bodhgaya gepflanzt hatte. Nachdem man das umgebende Gebäude erbaut hatte, starb der Baum jedoch. König Bumiphol pflanzte im Jahre 1982 schliesslich einen neuen Baum, ebenfalls aus einem Ableger des Erleuchtungsbaumes.
Der Fussabdruck Buddhas. Der Bodhi-Baum.
Markantestes Gebäude im Wat Bowonniwet ist natürlich der grosse Chedi. Dieser erinnert an eine schlankere
und kleinere Version des grossen Phra Pathom Chedi in Nakhon Pathom. Mit einer Gesamthöhe von über 50m ist er jedoch für einen städtischen Tempel immer noch ziemlich hoch. Die Verkleidung aus goldenen Mosaiksteinen stammt aus dem Jahre 1964. Der Chedi selbst ist begehbar und enthält einen Miniaturchedi, der wiederum Buddhareliquien enthält, was den Wat Bowonniwet für die Thais zu einem der wichtigsten Tempel in Bangkok macht. Der grosse Chedi wird jedoch nur einmal im Jahr, nämlich zum Beginn der Regenzeit, geöffnet. In dem Chedi sind auch Teile der Asche von Mitgliedern der königlichen Familie beigesetzt.
Der Chedi ruht auf einer mehrstufigen Platform. An jeder Ecke der Platform befinden sich kleine Schreine, die von einem Prang gekrönt werden und Buddhastatuen beherbergen.
Auffallend die die vier grossen, farbigen Statuen, an jeder Seite der Terrassen, die verschiedene hinduistische Gottheiten zeigen. Hierbei handelt es sich um eine neuere Ergänzung. Ursprünglich sollten sie an der Frontseite des National Theaters angebracht werden. Aus irgendwelchen Gründen kam es jedoch nicht dazu und die Figuren wurden gelagert. Der frühere Abt des Wat Bowonniwet und damaliger oberster Patriarch Thailands, H.H. Somdet Phra Nyan-
asamvara, fand jedoch Gefallen an den Figuren und brachte sie in den 60er Jahren im Zuge aufwendiger Renovierungen in den Wat.
Auffällig sind auch die Tierfiguren an jeder Seite des Chedi. Hiermit hat es eine besondere Bedeutung. Diese wurden von Mongkut in Auftrag gegeben. Sie symbolisieren die Grenzen des damaligen Siam :
 
Singapur Burma
 
Lan Na Laos
  1. Der Löwe (thail. Singha) an der Südseite steht für Singapur.
  2. Das Pferd (thail. Ma) an der Westseite steht für Burma.
  3. Der Vogel (thail. Nok) an der Nordseite steht für das Lan Na-Reich im Norden. Norden heisst auf Thai "Yonok". Lan Na war zu Zeiten Mongkuts noch kein Teil Siams.
  4. Der Elephant (thail. Chang) im Osten steht für Lan Xang, das "Land der Millionen Elefanten", heute Laos.
 
Phra Buddha Vajiranyana An den Chedi schliessen sich auf einer weiteren Platform eine Reihe weiterer, chinesisch anmutender Gebäude an. Hierbei handelt es sich um den Wihan Geng und um den Wihan Phra Sasada.
Der Wihan Geng beherbergt drei schöne, stehende Buddhastatuen, den Phra Buddha Vajiranyana, den Phra Buddha Panna-agga und den Phra Buddha Manussanaga. In den Sockeln der Statuen sind Teile der Asche von Mitgliedern der königlichen Familie beigesetzt, im Phra Buddha Vajiranyana von Mongkut selbst.
Noch bedeutender jedoch sind die Statuen im anschliessenden Wihan Phra Sasada. Dieser besteht aus zwei Räumen und ist nach dem Phra Sasada benannt. Diese Statue stammt aus derselben Zeit, wie der Phra Buddha Chinasi im Bot des Wat und der Phra Buddha Chinarat aus dem Wat Phra Sri Rattana Mahathat in Phitsanulok. Ebenso wie die erwähnten Statuen stellt auch der Phra Sasada ein Meisterwerk des Sukothai-Stiles dar. Vor dem Phra Sasada befindet sich noch eine wunderschöne kleine Buddhafigur aus der Dvaravati-Zeit aus grünem Stein. Auch hier auffallend die europäische Sitzhaltung.
Im hinteren Raum des Wihan befindet sich eine ,ebenfalls wunderschöne, ruhende Buddhastatue, der Phra Saiya. Er stammt ebenfalls aus Sukothai und wurde dort im Wat Phra Pai Luang von Mongkut auf ei-
ner seiner Wanderungen als Mönch entdeckt. Im Sockel der Statue wurde später die Asche eines obersten Patriarchen Thailands beigesetzt.
Phra Saiya Phra Sasada
Neben seiner traditionellen Bedeutung als Wat für die Mitglieder der königlichen Familie, befinden sich auf dem weitläufigen Gelände des Wat Bowonniwet noch wichtige Verwaltungsgebäude des obersten Sangha und die Mahamakut Buddhist University. Desweiteren gibt es ein Schulungszentrum, in dem Mönche auf Einsätze im Ausland vorbereitet werden und vieles mehr. Der Wat Bowonniwet ist also nicht nur kultur-historisch bedeutsam, sondern auch ein Ort, an dem aktiv Buddhismus mitgestaltet wird. Wegen dieser Bedeutung kommt es jedoch oft vor, dass aufgrund von offiziellen Veranstaltungen Teile des Wat
vorübergehend gesperrt sind.
 
Schildkroeten im Kanal des Klostergelaendes Der Wat Bowonniwet hat einen starken chinesischen Einfluss.
 
Die Bai Sima des Bot sind in die Wand integriert. Elefantenstatue im Wohnbereich der Moenche. Der Elefant gilt als Symbol für den Koenig.
 
Verwaltungs- und Universitaetsgebaeude. Buddhastatuen auf dem Universitaetsgelaende.
 
 
[ HOME ][ KONTAKT ][ UEBER MICH ][ LINKS ]
Kontakt fuer Fragen, Anregungen, zusaetzliche Infos und Kritik : hier
copyright © 2002 - 2008 Jörg Overbeck